Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser: Vertrauensarbeitszeit
In den letzten Jahren wurde die Flexibilisierung der Arbeitszeiten immer weiter vorangetrieben und neue Arbeitszeitmodelle wurden entworfen, nun wird auch das Modell der Vertrauensarbeitszeit immer stärker diskutiert. Ein einheitliches Verständnis dieses Arbeitszeitmodells gibt es jedoch nicht, es existieren im Gegenteil sehr stark abweichende Vorstellungen vom Wesen der Vertrauensarbeitszeit. In diesem Artikel erfahrt Ihr, was Vertrauensarbeitszeit (im Kern) bedeutet, wie unser Verständnis von Vertrauensarbeitszeit bei der infinitas GmbH aussieht und welche Voraussetzungen es dafür braucht.
Mir persönlich ist bei der Beschäftigung mit dem Thema Vertrauensarbeitszeit klar geworden, dass im Prinzip jedes Unternehmen mit einem Interesse daran sein eigenes Verständnis dafür und sein eigenes Konzept davon entwickeln kann und sollte – wie ein maßgeschneidertes Gewand, das genau auf seine individuellen Gegebenheiten zugeschnitten ist. Dies muss – bei aller Freiheit in der Ausgestaltung – allerdings immer unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes geschehen.
Was genau bedeutet Vertrauensarbeitszeit (im Kern)?
Aus meiner Sicht ist es gar nicht so einfach, den Begriff Vertrauensarbeitszeit einheitlich zu beschreiben, denn es gibt keine offizielle Definition, und Vertrauensarbeitszeit ist genau genommen kein gesetzlich geregeltes Arbeitszeitmodell. Zugleich enthält der Begriff eine Menge an Facetten, die mit hineinspielen. Zum einen natürlich die Vorgaben aus dem Arbeitszeitgesetz, zum anderen die vielen individuellen Vorstellungen und Assoziationen.
Bei Gesprächen im Freundeskreis oder unter Kollegen über den Begriff Vertrauensarbeitszeit wird klar, dass tatsächlich ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Wesen dieses Konzeptes existieren. Die folgenden Beispiele einiger Aussagen dazu verdeutlichen es:
- Bei diesem Modell gibt es keine Zeiterfassung und die Arbeitszeit wird komplett eigenverantwortlich ausgestaltet.
- Es wird lediglich die Mehrarbeit der Mitarbeiter dokumentiert.
- Es wird überhaupt keine Arbeitszeit dokumentiert.
- Beschäftigte gestalten ihre Arbeitszeit weitgehend eigenverantwortlich aus und bestimmen demnach selbst, wann sie ihre Arbeit beginnen und beenden, erfassen aber dennoch ihre Arbeitszeiten.
- Der Arbeitgeber gibt nicht die Arbeitszeit an sich vor, sondern er legt lediglich den Umfang der vereinbarten Arbeitszeit auf wöchentlicher oder auch monatlicher Basis fest und vertraut darauf, dass die Beschäftigten ihre Aufgaben ohne Kontrolle erledigen.
- Es gibt seitens des Arbeitgebers keine Anwesenheitsvorgaben oder nur in einem bestimmten Rahmen.
- Man kann seinen Arbeitsort frei wählen (Stichwort „Mobile Office“).
In jedem dieser Punkte steckt sozusagen ein Stückchen „Wahrheit“ und man kann einen Kern des Modells/Konzeptes Vertrauensarbeitszeit herauskristallisieren:
Es ist aus meiner Sicht ein Konzept, bei dem die eigenverantwortliche und zuverlässige Erledigung vereinbarter Aufgaben im Vordergrund steht und die zeitliche (und örtliche) Präsenz des Arbeitnehmers nachrangig ist. Der klassische 9-to-5-Job am festen Schreibtisch hat hier also im Prinzip ausgedient. Das bedeutet, dass der Fokus auf den Arbeitsergebnissen liegt und nicht auf der Anwesenheit.
Wie ist unser Verständnis von Vertrauensarbeitszeit bei der infinitas GmbH?
Ich habe eingangs erwähnt, dass ich Vertrauensarbeitszeit als ein sehr individuelles Konzept betrachte, das von Unternehmen zu Unternehmen variieren kann. Unser Verständnis davon drückt sich darin aus, dass wir innerhalb eines definierten Rahmens sehr viel Freiheit haben, unsere Arbeitszeiten zu planen und unsere Aufgaben zu erledigen.
Konkret ist es so, dass wir unsere Arbeitszeiten über ein Zeiterfassungssystem festhalten, in dem jeder täglich selbstständig und eigenverantwortlich seine Arbeitszeiten bucht. Diese Regelung ist für uns in unserer Eigenschaft als Beratungsunternehmen notwendig: Wir müssen immer genau dokumentieren, welche Zeiten wir für unsere Kunden erbracht haben, um diese sauber abrechnen zu können. Dennoch dient die Arbeitszeiterfassung nicht zeitgleich der Kontrolle der Zeiten in dem Sinn, ob wir auch wirklich jeden Tag von 9 bis 17 Uhr gearbeitet haben.
Da wir „am und mit dem Kunden“ arbeiten, sind wir je nach Zugehörigkeit zu Projektteams und Projekten natürlich regelmäßig an gemeinsame interne und externe Termine gebunden und auch an die Einhaltung von zeitlichen Vorgaben für den Start und das Ende von Projekten. Aber innerhalb dieses Rahmens können, dürfen und müssen wir uns sehr eigenverantwortlich und auch diszipliniert organisieren, um alle unsere Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Wir arbeiten mit Gleitzeit und jeder von uns plant ohne hierarchische Wege und bürokratische Genehmigungsprozesse seine Gleitzeiten und seinen Urlaub.
Diese Freiheit ist uns allen sehr wichtig, denn sie ermöglicht z. B. in sehr vielen Situationen einen sehr viel besseren Umgang mit dem privaten Alltag, der neben dem Job ja auch noch existiert und seine ganz eigenen Anforderungen hat. Wichtige Stichwörter sind an dieser Stelle für mich: Familienfreundlichkeit, Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending.
Eines möchte ich zu diesem Punkt noch erwähnen: Was ich gerade beschrieben habe, ist für uns nicht neu, aber durch die Corona-Pandemie hat sich auch bei uns eine andere Dynamik eingestellt, die verschiedene Prozesse beziehungsweise deren Entwicklung beschleunigt hat.
Seit Beginn der Pandemie arbeiten wir viel mehr im Homeoffice als davor: alle Abteilungen, die meiste Zeit. Wir wollten größtmögliche Sicherheit für alle gewährleisten, so ist es nun auch für unsere Verwaltung möglich, so gut wie komplett im Homeoffice zu arbeiten, da wir die Prozesse, die noch zu Beginn der Pandemie eine hohe Anwesenheitsquote vor Ort verlangten, auf ein Minimum reduziert haben.
Hier gäbe es noch wesentlich mehr Punkte zu benennen, das ist aber einen eigenen Artikel wert und ich möchte es vorerst hierbei belassen.
Welche Voraussetzungen braucht es?
Zuallererst viel Vertrauen aufseiten des Arbeitgebers wie auch des Arbeitnehmers und der Kollegen untereinander. Daher ist eine gut entwickelte und auch gelebte Vertrauenskultur im Unternehmen aus meiner Sicht eine immens wichtige Voraussetzung für jedes Arbeitszeitmodell, das nicht auf starren Strukturen und Kontrolle basiert.
Eigenverantwortung, die Fähigkeit, sich selbst und seine Aufgaben gut zu strukturieren, Disziplin, sehr gute Abstimmung und Transparenz im Team und der Sinn für das gemeinsame Ziel (unseren Erfolg und den unserer Kunden 😊) sind die wichtigste Grundlage für diese Freiheit. Das heißt, wir bekommen sie nicht einfach geschenkt, wir müssen definitiv etwas dafür tun, doch es lohnt sich wirklich sehr.
Mein Fazit
Aus meiner Sicht ist Vertrauensarbeitszeit ein individuelles Konzept, dessen innerster Kern sich aus Vertrauen gepaart mit Ehrlichkeit, Eigenverantwortung, Disziplin und Zielstrebigkeit zusammensetzt. Daher kann dieses Konzept nicht ohne eine stabile Vertrauenskultur funktionieren.
Es verlangt auf jeden Fall einiges vom Arbeitgeber und auch den Arbeitnehmern, dieses Konzept in einer guten Kontinuität zu leben und damit zum Erfolg des Unternehmens beizutragen, was unabhängig von der Unternehmenskultur und allen Arbeitszeitmodellen grundsätzlich das übergeordnete und wichtigste Ziel eines Unternehmens ist.
Doch der Einsatz lohnt sich: Wir haben unsere individuelle Lösung gefunden und absolut mit Kontinuität gefüllt. So kommen wir alle in den Genuss der genannten Freiheiten und Vorteile und ich persönlich weiß es auch sehr zu schätzen, wie stark sich meine Fähigkeit, sehr eigenverantwortlich und diszipliniert zu arbeiten und mich selbst zu organisieren, weiterentwickelt hat.
So trägt ein hohes Maß an Freiheit an dieser Stelle auch in hohem Maß zu persönlichem Wachstum bei, was ich einfach großartig finde! Ganz ehrlich: Ich kann und will mir nicht mehr vorstellen, anders zu arbeiten. Und Du?
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