New Work - 5 erfolgreiche Methoden

6 Min.
26.06.2024

Das Konzept der „Neuen Arbeit“, wie wir es heute verstehen, steht für den kulturellen Wandel in Unternehmen, die den Veränderungen in der Arbeitswelt des digitalen Zeitalters offen gegenüberstehen und diese ganz bewusst für sich nutzen wollen. Weil sie erkannt haben, dass es sich lohnt, mit neuen Arbeitsweisen die Herausforderungen der „digitalen Transformation“ und der „Arbeit 4.0“ zu meistern. Um in dieser neuen Arbeitswelt erfolgreich zu sein, brauchen wir neue Ideen. Dabei gilt: Jede Organisation hat ihre ganz eigene Kultur und ihre ganz eigenen operativen und strategischen Anforderungen.
(Bildquelle: Canva)

Es gibt viele Beispiele aus Unternehmen, die sich auf den Weg des Wandels von einer „Old-Work“ Kultur zu einer „New-Work“ Kultur begeben haben. Ich zeige Dir hier fünf meiner liebsten New-Work-Arbeitsmethoden. Sie begeistern mich, weil sie genau das tun, was sie sollen: den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Und weil sie mutig, kreativ und innovativ sind. Dabei wird deutlich, wie groß die Rollen sind, die Vertrauen und Eigenverantwortung bei der Umsetzung und dem Prozess des Wandels spielen.

 

1. Peer Recruiting – Do it yourself.

Noch nie gehört? Das glaube ich gerne. HR und Personalabteilung sind dagegen Begriffe, die allen von uns vertraut sind. Kannst Du Dir vorstellen, Eure Personalabteilung abzuschaffen? Aber wer soll dann Stellen ausschreiben und Personal einstellen?

Zuerst einmal: „Peer Recruiting“ leitet sich aus dem soziologischen Fachbegriff der „Peergroup“ ab. Das ist kurz und einfach zusammengefasst eine Gruppe von Menschen mit gemeinsamen Interessen und Werten. Hier also im Bereich der Mitarbeitereinstellung. Und so könnte das in der Praxis aussehen: Du stellst ein Team auf, dass alle Personalbelange koordiniert. Die Abteilungen oder Teams, die eine Organisationseinheit bilden und gemeinsam arbeiten, entscheiden aber eigenständig, ob und wann sie Verstärkung brauchen, schreiben die Stellenanzeige, sichten die Bewerbungen, führen die Vorstellungsgespräche – lediglich begleitet von den Koordinatoren. Klar, es sollte ein „roter Faden“ in der Personalpolitik des Unternehmens aus dieser übergeordneten Perspektive bewahrt bleiben und da ist ja auch noch das Thema Arbeitsrecht.

Die Teams entscheiden aber nicht nur eigenverantwortlich, wen sie gerne einstellen möchten, sondern übernehmen auch die Verantwortung dafür, den neuen Kollegen oder Kollegin während der Probezeit regelmäßiges Feedback zu geben. Last, but not least steht dann noch die Entscheidung für die Übernahme aus der Probezeit an.

Der Kern der Idee des Peer Recruitings ist, dass ein Team oder eine Abteilung selbst am besten einschätzen kann, wann und wo der Schuh drückt und ob dafür ein neuer Kollege oder Kollegin gebraucht wird oder nicht. Diese Arbeitsweise setzt ein hohes Maß an Vertrauen von Seiten der Unternehmensführung voraus. Dass es sich lohnt, hat die Praxis bereits erwiesen. 

 

2. Peer Feedback – Von Kollegen für Kollegen. 

Regelmäßiges konstruktives Feedback halte ich persönlich für immens wichtig, denn es ist eine Chance auf Entwicklung. Wir alle haben ein grundlegendes Bedürfnis danach, Anerkennung für unsere Arbeit zu bekommen. Und durch regelmäßiges Feedback erhält man die Chance, die eigenen Prozesse, das eigene Mindset etc. aus der Außenperspektive wahrzunehmen und zu überprüfen. Man kann daraufhin gezielt an sich arbeiten und sich so ausrichten, dass die eigenen Handlungen und Prozesse im Hinblick auf die Unternehmensziele, intern sowie extern, optimiert werden können. Ohne Feedback ist das für die meisten von uns viel schwieriger.

Wie funktioniert Peer Feedback? Hier kommt das Feedback direkt von den Kollegen. Man kann es so organisieren, dass Personalkoordinatoren auf organisatorischer Ebene helfen, beispielsweise bei der Frage: Wer hat wann seine Feedback-Gespräche? Wie viele Kollegen sollen jeweils Feedback geben? Und werden die Gespräche als Einzelgespräche oder in der Gruppe geführt? Schön finde ich es auch, wenn sich jeder aussuchen kann, wer ihm Feedback geben soll.

Man sollte sicherlich Kategorien in überschaubarer Anzahl auswählen, in denen das Feedback gegeben wird. Etwa „Was macht der Kollege gut?“, „Wo gibt es Entwicklungspotenzial?“ und „Was macht der Kollege einfach ganz besonders toll/einzigartig?“. Ein Feedback zu diesen Fragen ist sehr konstruktiv und das Lob für die Dinge, die jemand schon gut oder sogar einzigartig macht, dürfte eine riesengroße Motivation für den Punkt „Entwicklungspotenzial“ sein.

Der Kern der Idee ist hier im Prinzip der Gleiche, wie beim Peer Recruiting: Wer kann meine Arbeit besser einschätzen, als meine Kollegen/Kolleginnen?

 

3. Transparente Kennzahlen – Das Geheimnis lüften.

Weißt Du, wie viele fakturierbare Stunden Du und Dein Kollegium im letzten Monat geleistet haben? Oder wie hoch die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aktuell sind? Wie sieht es aus mit dem Umsatz, dem Cashflow oder der Reichweite in Monaten? Wie entwickeln sich gerade die Zahlen der Klicks auf die Unternehmenswebsite beispielsweise durch den firmeneigenen Blog? In den meisten Unternehmen sind dies gut gehütete Geheimnisse, die nur Wenigen bekannt sind.

Nun gibt es aber die Idee, dass es Sinn macht, wichtige Kennzahlen nicht wie einen Heiligen Gral zu hüten, sondern diese für die Mitarbeiter zugänglich zu machen. Bei uns kennt jeder Einzelne diese Zahlen. Wir haben ein großes Board, auf dem wir jeweils für ein halbes Jahr monatsweise die wichtigsten Zahlen darstellen, immer mit der Vergleichszahl des Monats aus dem Vorjahr.

Dabei gibt es für jede Zahl eine Zeile, für jede Zeile einen „Line Owner“. Er ist dafür zuständig, seine Zahl monatlich einzuholen, auf dem Board zu notieren und ihren Bezug zu den anderen Zahlen erklären zu können. Wir setzen jeden Monat ein „Huddle“, also ein kurzes Meeting, für alle Kollegen und Kolleginnen an. In diesem sprechen wir sehr fokussiert die Zahlen durch, jeder Line Owner stellt seine Zahl in den Gesamtzusammenhang und es ist Raum für Fragen.

So gelingt es, dass alle verstehen, was diese Zahlen eigentlich bedeuten und ein Gefühl dafür entwickeln können, wo wir als Unternehmen stehen. Wir machen uns gemeinsam Gedanken darüber, was wir erreichen wollen und wir lernen, wie jeder Einzelne durch seine Arbeit und sein Verhalten die verschiedenen Zahlen beeinflussen kann.

 

4. Work-Design – Maßgeschneiderte Arbeit, von mir für mich.

Im Zentrum steht hier die Überlegung, dass wir nicht länger den Menschen an seine Arbeit und Arbeitsprozesse anpassen sollten, sondern umgekehrt. Was das bringen soll? Mitarbeiter, die am Ende des Tages wirklich nachhaltig zufrieden sind! Wie das geht? 

Lass Deine Mitarbeiter ihre Arbeit selbst so „designen“, dass sie diese nicht als diktiertes Pflichtprogramm empfinden, das ihren Bedürfnissen schlimmstenfalls zu wider läuft, sondern als etwas Eigenes, als genau das, was sie tun wollen. Damit gibst Du ihnen die Chance, mehr Qualität in ihre Arbeit und ihr Leben zu bringen und ihre Talente und ihr Potenzial zu entfalten.

Mehr noch: Menschen, die so eigenverantwortlich in die Gestaltung ihrer Arbeit eingebunden werden und letztlich natürlich immer noch an Ergebnissen gemessen werden, gibt man so enorm viel Raum für persönliches Wachstum und Entwicklung.

Das mag sich vielleicht schwierig anhören. Aber auch hier gilt: innerhalb einer Unternehmenskultur, die durchdrungen ist von Transparenz, Vertrauen und gegenseitigem Respekt, ist vieles möglich. Auch das man seinen Mitarbeitern zutraut, dass sie bei der Gestaltung des bestmöglichen Arbeitsplatzes für sich selbst immer auch die Unternehmensziele berücksichtigen, denn sie wissen natürlich: Geht es dem Unternehmen gut, geht es auch mir gut.

 

5. Vertrauensarbeitszeit und -ort – Es sind die Resultate, die zählen.

Bei uns im Unternehmen arbeiten wir mit Vertrauensarbeitszeit. Das bedeutet: Wir haben eine Kernarbeitszeit und auch ein Zeiterfassungssystem. Die Kernarbeitszeit soll durchaus eingehalten werden und die Arbeitszeit wird täglich erfasst. Hört sich nicht nach Vertrauen an? Doch, denn: Niemand kontrolliert akribisch, ob ich die Zeiten, die ich eintrage, auch tatsächlich geleistet habe.

Ich empfinde das als großen Vertrauensbeweis. Besonders, wenn ich im Home-Office arbeite. Natürlich spreche ich das mit meiner Kollegin ab. Das war es dann aber auch schon. Diese Freiheit, die man mir einräumt, dann auch gut zu nutzen, liegt in meiner eigenen Verantwortung. Und ob ich sie gut nutze, verraten die Ergebnisse meiner Arbeit. Ich selbst nutze das Home-Office z.B. für das Schreiben von Blog-Artikeln, weil ich dafür richtig viel Ruhe brauche. Wenn ich innerhalb einer angemessenen Zeit dann einen brauchbaren Artikel geschrieben habe, ist das ein positives Arbeitsergebnis, das verrät: ich nehme meine Arbeit ernst, egal ob ich zu Hause alleine arbeite oder im Büro. Und genauso funktioniert dieses Prinzip: Leistung wird nicht primär nach Präsenz, sondern nach Resultaten gemessen.

Für mich hat die Möglichkeit der mobilen Arbeit auch etwas vom sogenannten „Vertrauensarbeitsort“. Ich denke, ich könnte genauso in einem Café, in der Bibliothek oder im Park auf der Decke arbeiten, wenn das meinen Arbeitsergebnissen zuträglich ist. Ich muss natürlich innerhalb meiner Kernarbeitszeit erreichbar sein. 

Die modernen Technologien machen es uns da ganz leicht: unsere interne Kommunikation läuft so, dass wir unsere Termine als Audio/Video-Konferenzen planen. Daran kann man auch von der Decke im Park aus teilnehmen. Mehr noch: die Mitarbeit aus anderen Städten oder sogar dem Ausland ist so ebenfalls einfach und wird bei uns bereits praktiziert. Aber bitte nicht falsch verstehen: Wir sind kein Unternehmen, wo jeder mit seiner Arbeitszeit einfach so anfangen kann, was er will. Doch es steht der Grundsatz: Es sind die Resultate, die zählen. 

 

Fazit

Wie New Work sich in einem Unternehmen entfalten kann und welche Methoden jetzt und in der Zukunft Anwendung finden, hängt also von der Unternehmenskultur und den gelebten Unternehmenswerten ab. Die genannten fünf Beispiele, die ja bereits erfolgreich gelebt werden, machen eines deutlich: Es lohnt sich, Kreativität zuzulassen und auch den Mut zu haben, neue Ideen auszuprobieren. Natürlich birgt das die „Gefahr“ des Scheiterns. Es ist aber auch kein Geheimnis mehr, dass das Scheitern eigentlich gar keine Gefahr ist, wenn man es als Learning betrachtet. Dann ist es eine wertvolle Erfahrung.

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