Ein Schwerpunkt in Microsoft Dynamics 365 ist die automatische Generierung von Leads. Dabei kann je nach Marketingkampagne auf einen Schlag eine Vielzahl an Leads im CRM eingehen. Dabei erschwert die Informationsmenge und Datenqualität die Bewertung der Güte dieser Leads zusätzlich. Priorität bei der Arbeit mit Leads hat daher das Erkennen der „hot“ Leads. Also jene, die reif sind, um direkt dem Vertrieb übergeben zu werden. Um sich diese Aufgabe zu erleichtern und nicht jeden einzelnen Datensatz manuell zu qualifizieren, können sich Marketer die automatische Leadbewertung zunutze machen. Mit einer solchen Funktion holen Sie mehr aus den eigenen Leads heraus und lassen das Dynamics CRM für sich arbeiten.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Leadbewertungslösungen für Microsoft Dynamics 365 Enterprise Sie nutzen können. Außerdem zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie Ihre Leads mit einfachen Workflows automatisch bewerten und an den Vertrieb übergeben können.
Wer sich aktuell als Nutzer der Dynamics 365 Enterprise Edition die Arbeit mit Leads erleichtern möchte, begibt sich auf der Suche nach den richtigen Einstellungen und Tools auf unbeständiges Terrain. Zwar hieß es doch erst in 2015, dass mit dem damaligen Update für Microsoft Dynamics Marketing eine neue Funktion zur verbesserten Leadbewertung eingeführt wurde. Mit dieser sollten Anwender mithilfe von Regeln detaillierte Leadbewertungsmodelle erstellen können. Die Regeln basieren auf einer Vielzahl demografischer Daten, Kontaktinteraktionsdatensätze und benutzerdefinierter Datenfeldwerte. Wenn diese individuell festlegbaren Bedingungen am Lead zutreffen, lösen die Regeln Aktionen aus, welche die Punktzahl (den Wert) eines Leads verändern. Diese automatische Bewertung soll die Feststellung, wann ein Lead „vertriebsreif“ ist und an das Vertriebsteam übergeben werden kann, erheblich erleichtern.
Doch diese Funktionalität der Leadbewertungsmodelle ist nur als Erweiterung für die Microsoft Dynamics 365 Business Edition verfügbar. Grundsätzlich bietet Microsoft Dynamics Marketing darüber hinaus Tools für das E-Mail-Marketing, Veranstaltungsmanagement und Landingpages. Die insgesamt begrenzten Marketing-Fähigkeiten basieren auf Marketing Pilot, einer Lösung, die von Microsoft erworben wurde. Für marketinginteressierte Microsoft Dynamics Enterprise Benutzer ist es jedoch nicht kompatibel.
Das Produkt wurde von Microsoft mittlerweile abgekündigt und wird seit Herbst 2016 bereits nicht mehr verkauft. Auch die Wartung noch bestehender Erweiterungen soll bis Mai 2018 komplett eingestellt werden. Für Bestandskunden wird Microsoft Dynamics Marketing zum 1. Oktober 2017 lizenzfrei gestellt.
Ebenfalls im Herbst 2016 kündigte Microsoft die Partnerschaft mit Adobe an. Die beiden in ihren Bereichen als global führend geltenden Software-Riesen vereinen demnach zukünftig in der Adobe Marketing Cloud hoch spezifizierte Software-Module. Dabei wird Microsoft Azure nicht mehr nur die leistungsstarke Web-Technologie für Dynamics 365 und Power BI sein, sondern auch Cloud-Plattform der Wahl für Adobes Marketing Cloud. Damit macht Microsoft die Adobe Marketing Cloud zur bevorzugten Plattform für Marketing-Services für Microsoft Dynamics 365 Enterprise Edition.
Diese Ankündigung schafft für Enterprise-Kunden mit Interesse an Marketinglösungen eine beeindruckende neue Alternative. Schließlich wird von dem neuen Produkt nichts anderes als das umfassendste Lösungspaket, das für Digitales Marketing am Markt erhältlich sein wird, erwartet. In der neuen Lösungsplattform werden Vertrieb, Marketing und Service vereint, um Kundenerlebnisse durchgängig zu vernetzen und über alle Touchpoints hinweg zu gestalten. Damit sollen Marketer ein vollständiges Bild ihrer Kunden mit sämtlichen Interaktionen erhalten.
Bislang gibt es von Microsoft jedoch weder ein konkretes Releasedatum, noch genauere funktionale Details. Daher geben wir im folgenden lediglich einen kurze Auflistung über die hoch-spezifizierten Werkzeuge der Adobe Marketing Cloud:
*sind bereits Azure-zertifiziert
Die Adobe Marketing Cloud verspricht also großartige Vorteile für marketinginteressierte und global agierende Vertriebsorganisationen. Darüber hinaus arbeiten Microsoft und Adobe an einem Datenmodell, um Kunden-Engagement in Echtzeit zu verstehen und voranzutreiben. Die beiden Software-Riesen machen es sich zum Ziel, angesichts der enorm wachsenden Datenflut einen Branchenstandard zur Strukturierung von Daten und Beschleunigung der Erkenntnisgewinnung zu schaffen.
Bis das neue Lösungspaket der Superlative auf den Markt kommt, können und wollen einige Marketer jedoch nicht warten. Wie können Sie als Enterprise-Kunde bis dahin nun also Ihre Leads automatisiert bewerten und sich dafür welche Marketing-Management-Lösungen zu Nutze machen? Dazu geben wir zunächst einen kurzen Überblick über Lösungen von Drittanbietern, die in Dynamics 365 Daten aus Leadaktivitäten und Marketingmaßnahmen liefern.
ClickDimensions ist eine eigens für Dynamics 365 entwickelte Lösung, mit der Sie sämtliche Marketing-Aktivitäten direkt aus dem CRM heraus durchführen können. Hierzu zählen beispielsweise das E-Mail-Marketing und die Leadbewertung anhand von Web-Aktivitäten. Dieser Lösung sehr ähnlich das PowerObjects PowerPack, welches ebenfalls aus Dynamics 365 heraus läuft.
Wenn Sie als Benutzer auf die sichere und taktgenaue Synchronisation von Dynamics 365 und Ihrer Marketing-Management-Lösung Wert legen, setzt das Produkt von Evalanche in Sachen Datenschutz und Effektivität Maßstäbe. Es unterstützt E-Mail-Marketing, Marketing Automation und Leadmanagement „made in Germany“. Über den Konnektor werden sämtliche Kampagnen, Adressdaten, Hardbounces, Statistiken und Abmeldungen Ihrer Leads in Dynamics 365 synchronisiert.
Für kleinere Marketing-Abteilungen eignet sich die Act-on Marketing Lösung als Tool, welche dennoch u.a. Ihre Webinar- und Eventplanung unterstützt.
Die Lösung von Marketo, einem der führenden Anbieter im Bereich Marketing Automation, bietet neben der Automatisierung auch Multi-Channel-Marketing und Datensynchronisation.
Speziell im Bereich Inbound Marketing Automatisierung sind die Synchronisationsfähigkeiten der Lösung des führenden Anbieters Hubspot mit Dynamics 365 eher schwach. Außerhalb von CRM bietet Hubspot allerdings hervorragende Funktionalitäten (z.B. Blogs, Landingpages, E-Mails). Mittlerweile ist in der Lösung ein eigenes CRM integriert, dessen Weiterentwicklung Hubspot massiv vorantreibt.
Jeder Microsoft Dynamics 365 Enterprise Nutzer, der sich beispielsweise durch den Zukauf eine dieser oben genannten Lösungen trotzdem eine ähnliche Funktionalität wie die der Leadbewertungsmodelle erstellen möchte, kann die Leadgenerierung und -optimierung auch mithilfe von ein paar einfachen Workflows in Dynamics 365 ganz leicht selbst umsetzen.
Das folgende Beispiel zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie eigene Workflows erstellen, die Ihnen als Marketer bei der Leadbewertung und Entscheidung über „hot“ Leads helfen.
Die Workflows steuern die automatische Vergabe von Bewertungspunkten zur Messung relevanter Marketingdaten und basieren auf individuell festgelegten Kriterien. In unserem Beispiel ergibt sich die Gesamtpunktzahl eines Leads aus den Bewertungsbereichen der Qualität demografischer Daten und des Verhaltens anhand von Lead-Aktivitäten. Wenn im Fokus der Vertriebstätigkeit beispielsweise kleine und mittelständische Unternehmen stehen, die ihr Kundenbeziehungsmanagement optimieren und deshalb ein CRM-System einführen möchten, würden marketingseitig hierfür z.B. auf der Unternehmens-Website verschiedene Blogposts und kostenfreie Webinare zu Themen wie der richtigen Softwareauswahl oder der Anwendung von Dynamics CRM angeboten.
Neben der Bewertung des Verhaltens anhand von Web-Aktivitäten wie der Anzahl der Klicks auf Blogposts oder Einsendungen eines Anmelde-Formulars für ein Webinar werden jedoch auch einige klassische Daten bewertet. Für den hier beschriebenen kleinen bzw. mittelständischen Idealkunden sind das die Entscheiderrolle des Leads, die Anzahl der Mitarbeiter sowie die Angabe einer Telefonnummer und E-Mail-Adresse.
Im ersten Schritt legen Sie am Lead ein neues Feld an, das Sie beispielsweise „Lead-Bewertung“ nennen. Dieses wird den Punktwert für die demografischen Daten enthalten und wird schreibgeschützt ins Formular eingebunden, damit das Leadbewertungsmodell durch manuelle Änderungen am Feld nicht verfälscht werden kann.
Da in unserem Beispiel Leads aus dem Mittelstand bzw. kleineren Unternehmen schnell identifiziert und an den Vertrieb übergeben werden sollen, werden in dieses Feld für die folgenden Bewertungskriterien jeweils automatisch Punkte eingetragen:
- 1 Punkt, wenn die Anzahl der Mitarbeiter 20 bis 250 beträgt
- 1 Punkt für die Angabe der Telefonnummer
- 1 Punkt für die Angabe einer E-Mail-Adresse
- 2 Punkte, wenn der Lead auch direkt die Entscheiderrolle innehat
Wenn nun also diese Daten von Leads im CRM ankommen, soll ein Workflow automatisch die Punktwerte in das Bewertungsfeld schreiben. Dieser organisationsweit laufende Prozess wird an der Entität Lead angelegt und startet, sobald ein neuer Lead-Datensatz erstellt oder auch die Werte der Felder der zuvor festgelegten Kriterien geändert werden.
Im ersten Schritt des Workflows startet die Feldwertberechnung stets bei Null. Anschließend werden die Felder Entscheiderrolle, E-Mail-Adresse, Anzahl der Mitarbeiter und Telefonnummer auf Daten bzw. die zuvor beschriebenen Werte hin überprüft. Für jede erfüllte Bedingung schreibt der Workflow einen bzw. im Fall der Entscheiderrolle 2 Punkte in das Feld Lead-Bewertung.
Wenn der Workflow aktiviert ist und ein neuer Leaddatensatz im CRM angelegt wurde, ergeben sich bei Erfüllung aller Kriterien also 5 Punkte für die demografischen Daten des Leads.
Neben diesen klassischen Daten soll jedoch auch das aktivitätsbezogene Verhalten von Leads auf der Unternehmens-Website in die Leadbewertung einfließen.
Auch hierfür legen Sie am Lead zunächst ein weiteres Feld an, das Sie beispielsweise „Lead-Aktivität“ nennen. Dieses wird den Punktwert für die gerade beschriebenen Web-Aktivitäten enthalten und ist ebenso schreibgeschützt im Formular eingebunden.
Um aktivitätsbezogene Daten eines Leads aus dem Website-Tracking im CRM zu erhalten, wäre an dieser Stelle natürlich eine entsprechende Webanalyse-Lösung von Drittanbietern (wie zum Beispiel der oben genannten Hersteller) angebunden, die die Daten über eine Schnittstelle ins CRM überträgt. In unserem Beispiel werden diese Daten an die kundenspezifische Entität Websitebesuche, die mit der Lead-Entität verknüpft ist, übertragen.
Die Wertigkeit der Verhaltensdaten lässt sich über den folgenden zweiten Workflow automatisch ermitteln, der ebenfalls unternehmensweit greift und der Entität Websitebesuche zugeordnet ist. Der Prozess startet, sobald über eine Web-Tracking-Schnittstelle ein neuer Websitebesuch-Datensatz angelegt wurde.
Wie in den Prozessschritten zu sehen ist, soll in unserem Bewertungsfall der Besuch einer Landingpage oder der Aufruf eines Blogposts jeweils einen Punkt bringen. Das Absenden eines Formulars (z.B. für die Kontaktaufnahme oder zur Anmeldung zu einem Webinar) ist mit 4 Punkten bewertet, da ein Lead in solch einem Fall bereits deutliches Interesse an den Produkten und Leistungen eines Unternehmens zum Ausdruck bringt.
Wenn auch dieser Workflow aktiviert wurde, wird jede neue Lead-Aktivität (also ein neuer Websitebesuch-Datensatz aus der Schnittstelle zum Web-Tracking-System) automatisch bewertet. In unserem Beispiel wurden für das Absenden des Anmelde-Formulars zur Dynamics 365 Online-Demo am Lead richtigerweise 4 Punkte im Feld Lead-Aktivität eingetragen.
Um nun zu messen, wann ein Lead vertriebsreif ist, wird aus beiden Bewertungsbereichen (demografische Daten und Website-Aktivitäten) nun noch der Gesamtpunktwert ermittelt. Das entsprechende Feld wird am Lead erstellt und im Lead-Formular eingebunden.
Die Gesamtpunktzahl ermittelt ein Workflow, der an der Entität Lead erstellt wird. Der Prozess soll starten, wenn ein neuer Websitebesuch-Datensatz erstellt wurde, sich also die Punktzahl des Feldes Lead-Aktivität verändert hat.
Da die automatische Ermittlung der „Vertriebsreife“ von Leads das Ziel der Leadbewertung ist, ist es in diesem Anwendungsfall für die spätere Übergabe an den Vertrieb und der anschließenden Kontaktaufnahme durch den Vertrieb wichtig, ausreichend Kontaktdaten und Hintergrundinformationen über den Lead zu sammeln. Der Workflow überprüft daher im ersten Schritt, ob aus der Lead-Bewertung mindestens 4 Punkte vorhanden sind. Erst ab diesem Wert sollen Leads in den Worklow aufgenommen werden.
Ist diese Bedingung erfüllt, wird der Punktwert aus der Lead-Aktivität in das Feld Gesamtpunktzahl eingetragen.
Im nächsten Schritt wird die Gesamtpunktzahl um den Wert der Lead-Bewertung erhöht.
Wenn auch dieser Workflow aktiviert wurde, sieht man die Gesamtpunktzahl der Leadbewertung am Lead.
Nun können Sie individuell festlegen, ab welcher Gesamtpunktzahl ein Lead in Ihrem Unternehmen vertriebsreif ist und automatisch einem Mitglied Ihres Vertriebsteams zugewiesen werden soll. In unserem Beispiel überprüft ein Workflow an der Entität Lead bei Änderung der Gesamtpunktzahl, ob diese einen Wert von 8 oder höher hat. In diesem Fall ist der Lead „hot“ und wird einem Vertriebler zugewiesen. Dieser erhält per E-Mail die Information mit der Bitte um direkte Kontaktaufnahme zum Lead.
Sie haben nun also erfahren, dass Sie mit der automatischen Leadbewertung nicht unbedingt bis zum Release der neuen Marketinglösung von Microsoft warten müssen. In vereinfachter Form können Sie sich die systemseitigen Einstellungen und Workflows sowie auch Marketing-Management-Lösungen von Drittanbietern hierfür zu Nutze machen. So können Sie bereits mit diesen einfachen Mitteln mehr aus Ihren Leads herausholen und das Dynamics CRM für sich arbeiten lassen.
Dennoch können wir gespannt sein auf die neuen Funktionalitäten und Möglichkeiten in Microsofts Marketing Management der Zukunft. Denn erwartungsgemäß sollen relevante digitale Marketingfunktionalitäten des noch bestehenden Softwareproduktes Microsoft Dynamics Marketing in die Dynamics 365 Lösungsplattform überführt werden.